Klimanotstand? Konkrete Konzepte statt Aktionismus!

Klimanotstand? Konkrete Konzepte statt Aktionismus!

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Stellungnahme der Reichshofer SPD-Fraktion zum Tagesordnungspunkt „Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes“ auf der Sitzung des Gemeinderates am 01.07.2019

„Liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,

grundsätzlich unterstützt die SPD Reichshof die „Resolution zur Ausrufung des Klimanotstandes“ des Klimaschutzbündnisses Oberberg. Die Ansätze sind richtig und die Ziele unbestritten.

Der Klimawandel ist längst keine abstrakte Worthülse wissenschaftlicher Studien mehr, sondern bereits dramatisch spürbar – auf der gesamten Welt und auch hier bei uns in der Gemeinde Reichshof.

Es stellt sich nicht die Frage, ob wir etwas tun müssen, sondern wie und was.

Es ist sicher parteiübergreifend unbestritten, dass wir für einen besseren Klimaschutz – auch in unserer Gemeinde – sehr zeitnah schlüssige Konzepte benötigen. 

Es hilft jedoch nichts, dass wir nun einen Wettkampf starten, welches Land, welcher Kreis oder welche Kommune denn zuerst etwas beschließt, um schnellstmöglich auf aktuelle Schlagzeilen und politische Strömungen zu reagieren.

Was wir jetzt nicht brauchen sind umfassende Willensbekenntnisse, Aktionismus oder Resolutionen mit allgemeingültigen Zielen, deren rechtliche und finanzielle Auswirkungen – auch auf unsere Gemeinde – derzeit weder bekannt noch geprüft wurden.

Um wirksamen Klimaschutz ehrlich, ernsthaft, effektiv und nachhaltig umsetzen zu können, müssen wir zu allererst einmal Bilanz ziehen. Wir müssen wissen, was in den letzten Jahren bereits umgesetzt wurde und wie überhaupt der Status Quo in unserer Gemeinde ist, damit wir Ziele und Wege erarbeiten und beschließen können. 

Was wir benötigen ist ein schlüssiges Konzept und klar definierte Ziele, die wir hier in Reichshof auch umsetzen können und die von den Reichshofer Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert, unterstützt und vor allem gelebt werden. Dazu brauchen wir einen intensiven Dialog mit allen relevanten Interessensträgern und den Naturschutzverbänden vor Ort, aber auch mit den Jugendlichen und Schülern in Reichshof, um zu wissen, wie sie sich den Klimaschutz in Reichshof vorstellen und wie sie sich aktiv daran beteiligen können.

Wir benötigen ein Klimakonzept, das festlegt, wie wir auch in Reichshof die Energiewende herbeiführen und deutlich beschleunigen, sowie den Umstieg hin zu alternativen Energien und Antrieben schneller umsetzen können.

Dabei müssen Themen wie der Umstieg auf den ÖPNV, Ausbau des Radwegenetzes, Landwirtschaft, Flächenverbrauch, Müllreduzierung und -entsorgung, E-Mobilität und vieles mehr mit einfließen, neu betrachtet und ggf. neu organisiert werden.

Wir benötigen eine Energie- und Treibhausgas-Bilanz sowie eine Potenzialanalyse, die die kurz- und mittelfristig technisch und wirtschaftlich umsetzbaren Einsparpotenziale sowie die Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz in allen Bereichen – auch in privaten Haushalten und Gewerbebetrieben – aufzeigt.

Wir benötigen einen Maßnahmenkatalog, der eine Übersicht über die wichtigsten bereits durchgeführten Klimaschutzmaßnahmen sowie deren Wirkungen enthält und die neu entwickelten Maßnahmen darstellt.

Wir benötigen eine Verstetigungsstrategie, die die organisatorische Einbindung des Klimaschutzes in der Verwaltung darstellt.

Wir benötigen ein Controlling-Konzept, welches die Rahmenbedingungen für die kontinuierliche Erfassung und Auswertung der Verbräuche und Treibhausgasemissionen darstellt.

Wir benötigen eine Kommunikationsstrategie zur Bekanntmachung der erarbeiteten Inhalte des Klimaschutzkonzepts sowie dessen Ergebnisse und Auswirkungen.

Und letztendlich benötigen wir verbindliche Zeitpläne und realistische Kostenschätzung sowie eine Prüfung der Förderfähigkeit z.B. im Sinne der neuen „Kommunalrichtlinie“ zur Förderung von Klimaschutzprojekten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Und bei all dem dürfen wir die realistische Machbarkeit und Finanzierbarkeit aller Maßnahmen – besonders auch in Bezug auf die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger – nicht aus den Augen verlieren.

All das können und dürfen wir jetzt aus reinem Aktionismus nicht über dem Knie zerbrechen, auch nicht – und da geben wir jedem Kritiker Recht – wenn wir uns in dieser Sache leider bereits viel zu viel Zeit genommen haben.

Wir müssen das Thema ernsthaft, effektiv und mit Nachdruck vorantreiben. 

Wir müssen Umwelt, Leben und Arbeit effektiv und nachhaltig in unserer Gemeinde zusammenbringen. Eine Mammutaufgabe die wir nur bedacht und nur gemeinsam und über alle Parteigrenzen hinweg lösen können.  

Aus diesem Grund unterstützen wir den von der CDU eingebrachten Antrag einer „Bestandsaufnahme“ für die Gemeinde Reichshof.

Liegt diese Bestandsaufnahme vor, werden wir auf deren Grundlage in der darauffolgenden Bauausschusssitzung einen Antrag stellen, der die Verwaltung damit beauftragt ein Konzept und einen Zeitplan auszuarbeiten, wie die Entwicklung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes in der Gemeinde Reichshof konkret möglich werden kann. Dazu soll eine erste Abschätzung vorgelegt werden, inwiefern und in welcher Höhe Ausgaben nötig werden und ob und in welcher Höhe diese im Sinne der „Kommunalrichtlinie“ förderungsfähig sind.

Nach Erstellung von Konzept und Zeitplan sollen diese in die zuständigen Fachausschüsse zur politischen Diskussion überwiesen werden, mit dem Ziel ein integriertes Klimaschutzkonzept für die Gemeinde Reichshof zu entwickeln. Dafür soll insbesondere auf eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung aller wesentlichen Akteure geachtet werden.

Liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns gemeinsam an dem Ziel arbeiten, dem fortschreitenden Klimawandel aktiv entgegenwirken – nicht mit öffentlichkeitswirksamen Parolen, allgemeingültigen Resolutionen oder politisch motiviertem Aktionismus, sondern mit Besonnenheit, konkreter Planung und effektiven Maßnahmen. Nur so können wir den Schutz des Klimas, unserer Landschaft, unserer Ressourcen und der Menschen in unserer Gemeinde, in unserem Land und darüber hinaus auch für zukünftige Generationen sicherstellen und bewahren.

Vielen Dank.“

 

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