Kaum ist die Kommunalwahl vorbei, zeigen einige Parteien in Reichshof, worum es ihnen wirklich geht und was ihre Wahlversprechen wert sind.

Auf der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates am 02.11.2020 wurden neben der Vereidigung des Bürgermeisters und der Ratsmitglieder auch die stellvertretenden Bürgermeister gewählt und die zukünftigen Fach-Ausschüsse festgelegt.

Dabei offenbarte sich auf eindrucksvolle Weise, wie schnell Prinzipien, Standpunkte und Wahlversprechen ihren Wert verlieren können.

Beispiel 1: „Wenn Unabhängigkeit abhängig macht“
Die FWO ist die einzige unabhängige politische Kraft in der Gemeinde Reichshof. […] Wir dürfen uns aufregen über einen Bürgermeister, der Bürgermeister aller sein wollte, der sich dann aber schnell zu seinem Vorteil auf eine Seite geschlagen hat“. (Quelle: Homepage der FWO, www.fwo-reichshof.de)

Die jahrelange Ablehnung (nicht nur) der christdemokratischen Politik und des Bürgermeisters scheinen bei den Freien Wählern in Reichshof vergessen. Bissige, überzogene Haushaltsreden gegen den Bürgermeister und die Politik seiner Partei scheinen nicht mehr gültig. Vorwürfe der Vorteilsnahme gegenüber anderen sind in Erwartung der eigenen Zugewinne plötzlich nicht mehr so schwerwiegend.

Geht es doch nun um repräsentative Posten, wie u.a. der des stellvertretenden Bürgermeisters und lukrative Sitze und Vorsitze in den Ausschüssen und Gremien. Um diese zu erlangen, scheint auch die vielbeschworene „Unabhängigkeit“ der FWO ihre Grenzen zu haben. Was bedeuten schon Wahlversprechen und nahezu völlig politische Gegensätze, wenn man mit einer simplen gemeinsamen Liste die eigene „Macht“ erkaufen kann?

Mit der CDU als neuen Partner setzte die FWO ihren Bürgermeisterkandidaten letztendlich durch. „Frei“ und „unabhängig“ sind jedoch keine Adjektive, die man nach eigenem Ermessen auslegen kann.

Beispiel 2: „Klimaschutz aus Schall und Rauch“
Wir setzen uns für Klimaschutz ein„, „Wir unterstützen die Forstwirtschaft beim klimagerechten Waldumbau„, „Wir fördern umweltfreundliche Mobilität“ (Quelle: Wahlkampf-Slogans der CDU Reichshof, www.facebook.com/CDUReichshof)

Leider folgen diesen Versprechen keine Taten. Klimaschutz als Wahlkampfthema war bei allen Parteien populär. Schließlich war es vor der Corona-Pandemie DAS Thema, was die Welt und die Menschen bewegte.

Umwelt-, Natur-, und Klimaschutz werden jedoch auch nach Corona noch zu den größten Herausforderungen unserer Zeit gehören – auch in der Gemeinde Reichshof. Es wäre also folgerichtig und wichtig, dieses umfangreiche Aufgabenfeld für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, unserer Feriengemeinde und unserer Wirtschaft im politischen Handeln fest zu verankern und nicht weiterhin als lästige Randnotiz im ohnehin völlig überlasteten Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss abzuhandeln.

Die konstituierende Ratssitzung eröffnete für alle Parteien die Chance zu zeigen, dass dieses Thema für sie mehr als nur populistische Wahlslogans im Kampf um Wählerstimmen waren. Genutzt wurde sie nicht.

Und so scheiterte der Versuch zur Bildung eines eigenen Klima-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschusses an den Stimmen von CDU, FWO, FDP und dem parteilosen René Kaufmann.

Eine Begründung der Ablehnung blieben alle schuldig. Warum sollte man sich auch jetzt schon in die Nesseln setzen, wo es doch in der nächsten Ratssitzung noch einige Posten zu vergeben gibt.

Nur zwei Beispiele, die bereits jetzt zeigen, wie wenig sich doch geändert hat.

Kehrt erst einmal vor Eurer eigenen Tür!“, hören wir die Kritiker bereits rufen und genau das haben wir getan.

Auch die SPD Reichshof hat in der letzten Legislaturperiode in der Koalition mit der CDU einen Weg gesucht, soziale Politik, Ideen und Lösungen durchzusetzen. Auch wenn wir gemeinsam sicher viel für unsere Gemeinde erreichen konnten mussten wir schmerzlich erkennen, dass dies letztendlich wenig zielführend war. Viel zu oft wurden gute Ideen und Lösungen anderer ignoriert oder wortlos abgelehnt. Viel zu oft wurden Entscheidungen mit der komfortablen, garantierten Stimmenmehrheit ohne Diskussion durchgesetzt. Viel zu oft hieß es „Die gegen uns“ statt „Gemeinsam für Reichshof“.

Natürlich hätten wir uns auch die Wiederwahl unserer stellvertretenden Bürgermeisterin Susanne Maaß gewünscht. Doch wieder einmal hat sich gezeigt, dass gute Arbeit, Sympathie und großer Einsatz für die Gemeinde keinen Wert gegenüber parteipolitischen Machtstreben haben.

Das Ziel der SPD für die Zukunft ist klar: Themen-, sachorientierte und sozial gerechte Politik für die Menschen in unserer Gemeinde. Demokratische Entscheidungen müssen auf Grundlage von überzeugten Mehrheitsbeschlüssen erarbeitet werden und dürfen nicht mit Posten und Sitzen erkauft werden.

Wie wäre Politik in Reichshof, wenn man Lösungen, Kompromisse und letztendlich die für alle besten Entscheidungen gemeinsam erarbeiten würde? Es muss um unsere Gemeinde und die Menschen gehen und nicht um die Befindlichkeiten derer, die sie vertreten.

Die Hoffnung vieler, der Gemeinderat würde in seiner neuen Konstellation, mit wechselnden und immer wieder neu zu erarbeitenden Mehrheitsverhältnissen, diese echte Chance auf wirklich demokratische Entscheidungen ergreifen, konnte bereits in seiner ersten Sitzung begraben werden.