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Die rot-grüne Landesregierung hat seit ihrer Amtsübernahme im Jahr 2010 die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen massiv unterstützt und hat ihnen Wege aus der Verschuldungsfalle aufgezeigt. Das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) ist seit 2010 um über 40 Prozent auf einen Rekordwert von 10,6 Mrd. Euro aufgestockt worden. Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen erhalten notleidende Kommunen insgesamt Finanzmittel von 5,76 Mrd. Euro.

Insgesamt geht 2017 jeder dritte Euro aus dem Landeshaushalt an die Kommunen. Die kommunale Selbstverwaltung ist jedoch angesichts der vielfältigen Pflichtaufgaben bereits jetzt schon stark eingeschränkt. So sieht sich auch die Gemeinde Reichshof mit der Herausforderung stetig wachsenden Sozialausgaben konfrontiert, deren Finanzierung ihr zu einem großen Teil vom Bund aufgebürdet wurde. Aktuell droht vielen Städten und Gemeinden eine erhebliche zusätzliche Belastung etwa durch das Bundesteilhabegesetz. Dies trägt zu einem Investitionsstau bei und gefährdet die grundgesetzlich garantierten gleichen Lebensverhältnisse in Deutschland.

Auch die Kommunalen Spitzenverbände machen seit Jahren darauf aufmerksam, dass eine zentrale Ursache für größer werdende Abweichungen die Übertragung von Aufgaben vom Bund auf die Kommunen ist, da diese ohne einen ausreichenden Kostenausgleich erfolgt. Auf Landesebene besteht über das in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip eine eindeutige und klare Regelung zum Schutze der Kommunen. Zusätzliche Aufgaben, die das Land den Kommunen überträgt, müssen auch vom Land finanziert werden. Nur so ist im Verhältnis zwischen Kommunen und Land sichergestellt, dass Finanz- und Entscheidungsverantwortung in einer Hand liegen. Auf Bundesebene gibt es eine solche Regelung nicht und so werden die Kommunen im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen von bundesgesetzlichen Regelungen oftmals immer noch allein gelassen.

Die Tatsache, dass Entscheidungs- und Finanzverantwortung zwischen den staatlichen Ebenen auseinanderfallen, führt zu einer erheblichen Belastung von Kommunen und Ländern. Deshalb muss es zukünftig eine noch stärkere Berücksichtigung der Interessen dieser Ebenen im Rahmen der Gesetzgebung des Bundes geben. Die Kommunen müssen zukünftig bei wichtigen Weichenstellungen, die die kommunalen Finanzen betreffen, ausreichend in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Der Bund muss den gemeinsamen Auftrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik ernst nehmen, auch da die Eigenständigkeit der Kommunen in Artikel 28 Grundgesetz festgeschrieben ist. Das im Grundgesetz 2006 in Artikel 84 eingefügte Durchgriffsverbot zur direkten Übertragung von Aufgaben des Bundes auf die Kommunen war ein Schritt in die richtige Richtung. Es bezieht sich jedoch nicht auf solche Gesetze, die schon vor seinem Inkrafttreten galten. Die bisherige Aufgabenübertragung im Rahmen der Sozialgesetzbücher sowie ihre Folgeänderungen sind somit von diesem Verbot ausgenommen. Gerade die daraus entstehenden Kosten wachsen dynamisch.

Die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund ist ausdrücklich zu begrüßen, kann aber nur ein erster Schritt sein. So ist die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft in den letzten Jahren weiter gestiegen, doch eine deutlich höhere Beteiligung würde gerade die Kommunen in NRW dauerhaft entlasten. Alleine zwischen 2004 bis 2014 sind die Sozialausgaben der Kommunen insgesamt um mehr als 25 Mrd. Euro gestiegen. Die Kommunen müssen davor geschützt werden, dass bestehende Aufgaben teurer werden und ihnen gleichzeitig immer mehr Aufgaben übertragen werden, ohne dass ihnen die zur Erledigung notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Ein solches Vorgehen beschneidet die Handlungsspielräume der Kommunen und konterkariert sinnvolle Maßnahmen, wie beispielsweise die Ausgestaltung der sozialen Arbeit an Schulen zur Inanspruchnahme der Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaketes nach SGB II. Hier hatte sich der Bund nach 2013 seiner Finanzierungsverantwortung entzogen. Zur Sicherung dieser Arbeit hat schließlich das Land NRW einen Fördertopf in Höhe von jährlich 47,7 Millionen Euro eingerichtet, um die Kommunen bei dieser wichtigen Aufgabe nicht alleine zu lassen.

Es muss sichergestellt werden, dass der Bund bei der Übertragung von Aufgaben auf Länder und Kommunen auch eine vollständige Finanzierung garantiert und dauerhaft übernimmt.

Unsere Vertreter im Deutschen Bundestag fordern wir auf

– sich mit Nachdruck für eine dauerhafte und strukturelle Entlastung der Kommunen von durch die Bundesgesetzgebung verursachten Kosten einzusetzen. Dies gilt insbesondere für die dynamisch wachsenden Sozialkosten.

– zu prüfen, welche weiteren Maßnahmen für eine zusätzliche Entlastung der Kommunen durch den Bund ergriffen werden können

– sich dafür einzusetzen, dass bei Änderungen an bestehenden Gesetzen eine Erstattungspflicht gegenüber den Kommunen festgelegt wird.

– sich dafür einzutreten, dass der Bund – wie es Artikel 104a Grundgesetz auch fakultativ vorsieht – die Finanzierung aller Bundesgesetze, welche Geldleistungen vorsehen, vollständig übernimmt.

Die Landesregierung fordern wir auf

– Gespräche mit anderen Bundesländern für eine entsprechende Bundesratsinitiative aufzunehmen.

– sich im Bundesrat gegen die Übertragung von Aufgaben auf Kommunen einzusetzen, wenn die entsprechende Finanzierung durch den Bund nicht sichergestellt ist.

 

Ein nahezu gleichlautender Antrag wurde von der Fraktion der NRWSPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Drucksache 16/14160 am 07.02.2017 im Landtag NRW gestellt.

 

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